BGH_XI_ZR_396-03.htm 18.04.2006
Betrachtung
zum Versäumnisurteil BGH
XI ZR 396/03 vom 15.02.2005
Der Kläger
(Immobilienopfer einer Immobilien-GbR) wehrt sich gegen eine
Zwangsvollstreckung der kreditgebenden Bank.
Dieses Urteil ist
entscheidend widersprüchlich und dadurch falsch. Im Ergebnis ist das Urteil
zudem rechtswidrig.
Details auf nobbe.xi-zr.de/Rechtsbeugung
in XI ZR 396/03.htm
Zum Beitritt stellt der
Tatbestand auf Seite 3 wie folgt fest:
Zitat:
„Am 17. Dezember 1992 gab der Kläger eine
privatschriftliche Beitrittserklärung ab, die
vier Tage später von der GbR angenommen wurde.“
In der Urteilsbegründung
führt der Senat auf Seite 12 wie folgt aus:
Zitat:
„b) Der Kläger ist
aufgrund seines privatschriftlichen Antrags vom 17. Dezember 1992 und der vier
Tage später erklärten Annahmeerklärung der GbR deren Gesellschafter geworden.“
Eine weitere Betrachtung
zum Beitritt hat der Senat nicht vorgenommen. Besonders nicht, wer denn der
„Herr GbR“ ist. Der „Herr GbR“ ist der Unterzeichner der Annahmeerklärung als „Geschäftsbesorger“. Der Geschäftsbesorgungsvertrag
des „Geschäftsbesorger“ ist nichtig, da dieser keine
Rechtsbesorgungserlaubnis besitzt.
Eine Betrachtung zum
Beitritt ist unter Beitritt1.htm zu finden.
Ab der Seite 8 erklärt der
Senat ausführlich die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages und die
verbundene Vollmacht wegen des Verstoßes gegen das RBerG.
Zitat:
„2.
a) Nach der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bedarf derjenige, der
ausschließlich oder hauptsächlich die rechtliche Abwicklung eines
Grundstückserwerbs oder Fondsbeitritts im Rahmen eines Steuersparmodells für
den Erwerber besorgt, der Erlaubnis nach Art. 1 § 1 RBerG. Ein ohne diese
Erlaubnis abgeschlossener Geschäftsbesorgungsvertrag, der so umfassende
Befugnisse wie hier enthält, ist nichtig. Die Nichtigkeit erfaßt nach dem
Schutzgedanken des Art. 1 § 1 RBerG auch die der Geschäftsbesorgerin erteilte
umfassende Abschlussvollmacht .... Dies zieht auch die Revision nicht in
Zweifel.“
Anmerkung:
Der
Geschäftsbesorgungsvertrag ist durch den § 134 BGB nichtig, weil der
Geschäftsbesorger keine Rechtsberatungserlaubnis besitzt und damit gegen das
RBerG verstößt.
Dies gilt analog für die
Geschäftsbesorgungsverträge aller anderen Gesellschafter der GbR. Der
Geschäftsbesorger hatte mit keinem Gesellschafter einen wirksamen
Geschäftsbesorgungsvertrag.
Die Vollmacht ist aber aus
Gründen des Rechtsscheins als gültig zu behandeln, wenn die Vollmacht dem
Dritten bei Geschäftsabschluss im Original vorgelegt wird. Der Dritte wird hier
durch den § 172 Abs.1 BGB
geschützt, da der Dritte die Nichtigkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages nicht
kennen konnte oder musste.
Aus dem nichtigen
Geschäftsbesorgungsvertrag ist somit nur die Vollmacht als wirksam zu
behandeln, wenn diese dem Dritten bei Geschäftsabschluss im Original vorgelegt
wird.
Wegen der Zwangsvollstreckung
führt der Senat aus, dass hierfür kein Rechtsschein nach § 172 BGB anwendbar wäre.
Dies hatten andere Senate des BGH schon vorher entschieden.
Zitat:
„2. b) Die auf Abgabe
der Vollstreckungsunterwerfungserklärung gerichtete Vollmacht der Treuhänderin
stellt inhaltlich eine Prozessvollmacht dar, deren Nichtigkeit nicht mit Hilfe
der §§ 171, 172 BGB überwunden werden kann. ... Die Zivilprozessordnung enthält
vielmehr - wie auch das Berufungsgericht angenommen hat - in ihren §§ 80, 88
und 89 abschließende Spezialregelungen, die eine Rechtsscheinvollmacht im Sinne
der §§ 171, 172 BGB nicht vorsehen.“
Ohne weitere Konsequenzen
aus dem nichtigen Geschäftsbesorgungsvertrag zu betrachten, stellt der Senat
fest, dass es dem Kläger gegenüber der Beklagten nach § 242 BGB verwehrt sei sich
auf die Nichtigkeit der Unterwerfungserklärung zu berufen. Der Kläger sei
ohnehin verpflichtet, sich wegen der Darlehensverbindlichkeit der
Zwangsvollstreckung zu unterwerfen.
Zitat:
„3. Indessen ist es dem
Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nach dem Grundsatz von
Treu und Glauben (§ 242 BGB) verwehrt, sich gegenüber der Beklagten auf die
Nichtigkeit der notariellen Vollstreckungsunterwerfung vom 4. August 1993 zu
berufen, da er als Gesellschafter der GbR aufgrund des Realkreditvertrages vom
28. Dezember 1992 verpflichtet ist, deren Darlehensverbindlichkeit in Höhe des
seiner Beteiligung entsprechenden Betrages von 139.408 DM zuzüglich Zinsen
anzuerkennen und sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung in sein
gesamtes Privatvermögen zu unterwerfen.“
Dann führt der Senat aus,
dass der Darlehensvertrag wirksam sei. Hierfür stellt der Senat auf der Seite
11 überraschend eine wirksame Beauftragung der Geschäftsbesorgerin und die
Erteilung einer umfassenden Abschlussvollmacht fest.
Zitat:
„3. a) Der von der
Geschäftsbesorgerin namens der GbR mit der Beklagten geschlossene
Darlehensvertrag ist wirksam. Die Beauftragung der Geschäftsbesorgerin mit der
Vornahme aller zur Erreichung des Gesellschaftszwecks erforderlichen oder
zweckmäßigen Rechtsgeschäfte und die Erteilung der dazu erforderlichen
umfassenden Abschlussvollmacht begegnen keinen rechtlichen Bedenken. Eine BGB Gesellschaft, deren Geschäfte ein nicht zum
Kreis der Gesellschafter zählender Dritter führt, entspricht zwar nicht dem
gesetzlichen Regeltyp, ist aber rechtlich zulässig (BGH, Urteil vom 22. März 1982
- II ZR 74/81, NJW 1982, 2495 m.w.Nachw.) und bei Publikumsgesellschaften wie
der vorliegenden GbR allgemein üblich (vgl. MünchKommBGB/Ulmer, 4. Aufl. § 709
Rdn. 6 m.w.Nachw.). Die umfassende Vollmacht der Geschäftsbesorgerin verstößt
nicht etwa gegen das Rechtsberatungsgesetz. Nichts spricht dafür, die
Wirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages und der Vollmachtserteilung
insoweit von der Gesellschafterstellung des Vertreters der BGB-Gesellschaft abhängig zu machen.“
Der Senat stellt eine
Beauftragung der Geschäftsbesorgerin und die Erteilung einer umfassenden
Abschlussvollmacht fest. Doch wer hat die Geschäftsbesorgerin beauftragt und
eine Vollmacht erteilt?
Es kann sich nicht um den
zuvor ausdrücklich für nichtig festgestellten Geschäftsbesorgungsvertrag des
Klägers und die zugehörige Vollmacht handeln. Dies gilt analog für die
identischen Geschäftsbesorgungsverträge und Vollmachtserteilung der anderen
Gesellschafter.
Um welche Beauftragung
oder Vollmacht soll es sich hier handeln?
Die „Lösung“ ist hier: nobbe.xi-zr.de/Rechtsbeugung
in XI ZR 396/03.htm
Mit dieser Beauftragung
oder Vollmacht hätte sich die RCeGe als Geschäftsbesorger gegenüber der
Beklagten legitimieren müssen.
Hätte der XI. Senat
hier aufgeklärt, wie sich die Geschäftsbesorgerin „namens der GbR“ gegenüber
der Beklagten bei Abschluss des Darlehensvertrages legitimiert hat, müsste ein
entsprechender Geschäftsbesorgungsvertrag und Vollmachtserteilung zum Vorschein
treten.
Ein solcher
Geschäftsbesorgungsvertrag oder Vollmachtserteilung müsste zwischen der rechts-
und parteifähigen GbR mit der RCeGe geschlossen sein, und die Unterschrift des
geschäftsführenden Gesellschafters der GbR oder die Unterschriften aller
Gesellschafter tragen. Ein solches Dokument existiert aber nicht.
Die Vereinbarung der
Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag, die RCeGe mit der Geschäftsführung zu
beauftragen, ist eine Vereinbarung der Gesellschafter im Innenverhältnis und
kein Vertrag mit der RCeGe. Für die RCeGe als Nichtgesellschafter ergeben sich
aus dem Gesellschaftsvertrag keine Rechte oder Pflichten.
Es gibt nur
Geschäftsbesorgungsverträge der RCeGe mit den einzelnen Gesellschaftern!
Der
Geschäftsbesorgungsvertrag aus der Urkunde
J 409/1992 des Notars Jung vom 24.06.1992 ist der
Geschäftsbesorgungsvertrag der Gründungsgesellschafter.
Es spricht jedoch etwas
dafür, wäre der Vertreter der BGB-Gesellschaft
zugleich
Gesellschafter. Dann hätte der „geschäftsführende Gesellschafter“
Vertretungsrecht aus § 714 BGB für die
Gesellschafter.
In der GbR Britzer Damm /
Jahnstraße gibt es keinen „geschäftsführenden Gesellschafter“.
Daher ist der
Darlehensvertrag nach § 177
BGB nichtig. Diesem könnte allenfalls ein Rechtsschein nach § 172 BGB aller
Gesellschafter helfen.
Wie der XI. Senat in der
(richtigen) Entscheidung XI
ZR 402/03 betont, hat der „Geschäftsführer“ mit dem Darlehensvertrag
zum einen die Gesellschaft verpflichtet, zum anderen aber zugleich die
Verpflichtung für die Gesellschafter begründet. Siehe
Betrachtung XI ZR 402/03.
In
XI
ZR 402/03 hat aber der „geschäftsführende
Gesellschafter“ den Darlehensvertrag geschlossen, und mit dem Vertretungsrecht
aus § 714 BGB die Gesellschafter
verpflichtet.
Der XI. Senat
differenziert in XI
ZR 402/03 erstmals zwischen
einer Verpflichtung der GbR und einer Verpflichtung der Gesellschafter in den
Darlehensvertrag.
Siehe auch Übersicht zur Vertretung der Gesellschafter.
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***** Alt, muss neu überarbeitet werden *****
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Die
Beauftragung der Geschäftsbesorgerin mit der Vornahme aller zur Erreichung des
Gesellschaftszwecks zweckmäßigen Rechtsgeschäfte und die Erteilung der dazu
erforderlichen umfassenden Abschlussvollmacht begegnen keinen rechtlichen
Bedenken, wenn der Geschäftsbesorger
die dafür notwendige Erlaubnis zur Rechtsbesorgung hat.
Gerade die Rechtsbesorgung
für den Kläger und den anderen Gesellschaftern ist Voraussetzung zur Erreichung
des Gesellschaftszweckes, für welche der Geschäftsbesorger aber keine Erlaubnis
zur Rechtsbesorgung besitzt.
Hier hat der XI. Senat
offensichtlich ein Eigentor geschossen.
1. Die Beauftragung der
Geschäftsbesorgerin ist mangels Wirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrages
nicht zustande gekommen. Die Beauftragung erfolgte zudem erst nach Abschluss
des Darlehnsvertrages.
2. Die Abschlussvollmacht
ist nur bei Vorlage des Originals gegenüber dem Dritten als wirksam zu
behandeln.
3. Die Stellung des
Geschäftsbesorgers ist völlig unbedeutend.
4. Die Nichtigkeit des
Geschäftsbesorgungsvertrages aus § 134 BGB kann nur aus dem
Gesetz geheilt werden. Dies ergibt sich aus dem § 134 BGB selbst. Alles
andere ist Rechtsbeugung.
Der Darlehnsvertrag wurde
am 28.12.1992 geschlossen. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Kläger noch keinen
Geschäftsbesorgungsvertrag. Diesen hat der Kläger laut Tatbestand erst am
26.01.1993 erklärt. Am 28.12.1992 war der Geschäftsbesorger ohne
Vertretungsmacht nach § 177
Abs.1 BGB. Damit ist der Darlehnsvertrag von einem Vertreter ohne
Vertretungsmacht geschlossen und nicht wirksam. Eine Genehmigung durch den
Kläger ist nie erfolgt. Es gibt auch keine Duldungsvollmacht.
Hierzu hat der Senat
geschwiegen.
Die Beklagte hat keinen
Beweis für die Wirksamkeit des Darlehns erbracht. Insbesondere hat die Beklagte
keinen Rechtsschein nach § 172
BGB für den Darlehnsvertrag vorgetragen, welchen die Beklagte auch nicht
erbringen könnte.
Zuletzt führt der Senat
aus, dass der Kläger verpflichtet ist, ein vollstreckbares Schuldanerkenntnis
in Höhe seines Anteils abzugeben.
Fazit:
Mit diesem Urteil
widerspricht sich der XI. Senat selbst. Das Urteil ist im Ergebnis
rechtswidrig.
Der Leitsatz der
Entscheidung XI ZR 321/00 des XI. Senates des BGH lautet:
a) Ein Treuhandvertrag, der den Treuhänder nicht primär
zur Wahrnehmung wirtschaftlicher Belange des Treugebers verpflichtet, sondern
ihm umfassende Befugnisse zur Vornahme und Änderung von Rechtsgeschäften im
Zusammenhang mit dem Beitritt des Treugebers zu einem geschlossenen
Immobilienfonds einräumt, ist auf die Besorgung fremder Rechtsangelegenheiten
i.S. des Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG gerichtet.
b) Der in seinem Vertrauen auf eine ihm im Jahre 1993
von einem Treuhänder vorgelegte umfassende Vollmachtserklärung geschützte
Darlehensgeber hat grundsätzlich keine Veranlassung, einen Verstoß des
Treuhandvertrages gegen § 134 BGB, Art. 1 § 1 Abs. 1 RBerG anzunehmen. So ist es auch im vorliegenden Fall.
Der Leitsatz der
Entscheidung XI ZR 155/01 des XI. Senates des BGH lautet:
a) Bei Unwirksamkeit des Geschäftsbesorgungsvertrags
und der dem Geschäftsbesorger erteilten Vollmacht wegen Verstoßes gegen Art. 1
§ 1 Abs. 1 RBerG kommt eine Rechtsscheinhaftung des Vollmachtgebers nach §§ 171
Abs. 1, 172 Abs. 1 BGB in Betracht, wenn dem Vertragspartner die Vollmacht im Original
bzw. bei notarieller Beurkundung in Ausfertigung vorgelegt wird; die Vorlage
einer beglaubigten Abschrift der notariellen Vollmachtsurkunde genügt nicht.
b) Eine nicht wirksam erteilte Vollmacht kann über
die in §§ 171 ff. BGB geregelten Fälle hinaus dem Geschäftsgegner gegenüber aus
allgemeinen Rechtsscheingesichtspunkten als wirksam zu behandeln sein, sofern
das Vertrauen des Dritten auf den Bestand der Vollmacht an andere Umstände als
an die Vollmachtsurkunde anknüpft und nach den Grundsätzen über die
Duldungsvollmacht schutzwürdig erscheint. Hierfür kommen nur Umstände in
Betracht, die bei oder vor Vertragsschluß vorliegen.
Daher
dürfte der Kredit analog der Leitsatzentscheidung XI ZR 155/01 des XI. Senates zu behandeln sein.
Der
Fall des LG
Wuppertal 16 O 290/03 vom 12.10.2004 ist dem vorliegenden Fall fast
identisch. Das LG Wuppertal hat nicht nur zu Recht zugunsten des
Immobilienopfers entschieden, sondern dem XI. Senat mit der stichhaltigen und
glasklaren Urteilsbegründung eine ‚saftige Ohrfeige’ erteilt.
Leider
hat der Autor dieses Urteil erst am 5.10.2005 gefunden, nachdem er lange nach
einer Entscheidung zu einem vergleichbaren Fall gesucht hat, denn der Autor ist
zu der gleichen Folgenkette gelangt.