BGH_XI_ZR_402-03.htm 12.01.2006
Betrachtung des Urteils XI
ZR 402/03 des BGH.
In den Entscheidungen des
XI. Senates ist zu beobachten, wie durch schwammige Wortwahl dem Vertreter der
rechts- und parteifähigen BGB-Gesellschaft ein Recht aus § 714 BGB assoziiert wird.
Mit dem Recht aus § 714 BGB
kann für den Gesellschafter ein Schuldversprechen nach § 780 BGB abgegeben werden.
Das Urteil XI
ZR 402/03 ist zweifelsfrei
richtig, jedoch ist die Urteilsbegründung für diesen Fall merkwürdig
aufgebläht. Dies hat aber einen anderen Hintergrund. Der XI. Senat will den § 714 BGB nicht nennen, und
den „Geschäftsführer“ dem „geschäftsführenden
Gesellschafter“ gleichstellen.
Schon der Leitsatz aus XI
ZR 402/03 verdeutlicht die Bedeutung des § 714 BGB.
Die im Darlehensvertrag einer kreditsuchenden
BGB-Gesellschaft enthaltene Verpflichtung der Gesellschafter, sich in Höhe der
auf ihre jeweilige Gesellschaftsbeteiligung entfallenden
Verbindlichkeit der sofortigen Zwangsvollstreckung in ihr gesamtes Vermögen zu
unterwerfen, dient nicht nur Sicherungszwecken, sondern auch dazu, die
darlehensvertragliche Haftung der Gesellschafter zu beschränken.“
Der XI. Senat betont hier
die Sicherung als primären Zweck der Verpflichtung.
Der XI. Senat erwähnt
erstmals den § 714 BGB.
Merkwürdigerweise nur im Leitsatz. Eine weitere Nennung des § 714 BGB ist in dem gesamten
Urteil nicht mehr zu finden. Der § 714 BGB ist in der
schwammigen Wortwahl implizit versteckt. Der § 714 BGB ist aber von
entscheidender Bedeutung auf den § 780 BGB. Das
Schuldversprechen aus § 780
BGB begründet das Recht auf Treu und Glauben nach § 242 BGB auf das
Schuldanerkenntnis gemäß § 781
BGB.
Die entscheidenden Worte
in XI
ZR 402/03 sind:
„Geschäftsführung“, „Geschäftsführer“
„Geschäftsbesorger“, „Geschäftsbesorgerin“
„geschäftsführenden
Gesellschafter“, „geschäftsführende Gesellschafterin“, „Gesellschafter-Geschäftsführer“
Diese Worte sind zur
besseren Verdeutlichung farblich zu markieren. Am besten mit den Farben grün, gelb
und rot.
Die Worte „geschäftsführenden
Gesellschafter“, „geschäftsführende Gesellschafterin“, „Gesellschafter-Geschäftsführer“
implizieren das Recht aus §
714 BGB. Diese sollten mit grün
hervorgehoben werden. Zur weiteren Verdeutlichung sollten diese Worte mit „mit
Vertretungsrecht aus § 714 BGB“ ergänzt werden.
Die Worte „Geschäftsführung“, „Geschäftsführer“ sind schwammig. Diese sollten mit gelb hervorgehoben werden.
Die Worte „Geschäftsbesorger“, „Geschäftsbesorgerin“
implizieren den Verstoß gegen das RBerG. Diese sollten mit rot hervorgehoben werden.
Wird das Urteil nun erneut
gelesen, sticht die schwammige Wortwahl deutlich hervor, je nach Kontext.
Dort wo der XI. Senat den § 714 BGB impliziert, benutzt
er die grün markierten Worte, ohne
auf den § 714 BGB
einzugehen. Dies würde dem XI. Senat die beabsichtigte Verwechselung zu den gelb markierten Worten nehmen.
Die gelb markierten Worte sollen dem Leser ein
Recht aus dem § 714 BGB
assoziieren.
Dort wo der XI. Senat die grün oder rot
markierten Worte benutzt, liegt er ohne Zweifel richtig.
Allerdings bleibt bei den gelb markierten Worten die Frage offen, ob
diese ein Recht aus dem § 714
BGB besitzen.
In den gelb markierten Worten soll das Recht aus dem § 714 BGB zur Verpflichtung
des Gesellschafters in den Darlehnsvertrag assoziiert werden.
Der XI. Senat stellt immer
auf die im Darlehnsvertrag enthaltene Verpflichtung des Gesellschafters
ab, ohne konkret zu belegen, mit welchem Recht die Verpflichtung in den
Darlehnsvertrag gelangt ist.
In XI
ZR 402/03 bemerkt der aufmerksame Leser in der Urteilsbegründung auf der
Seite 8 unter Punkt 18 aa) die bewusste Verwendung des Wortes „Geschäftsführer“, welcher zuvor als „Gesellschafter-Geschäftsführer“ den
Darlehnsvertrag geschlossen hat. Der „Geschäftsführer“
hätte hiermit zum einen die Gesellschaft verpflichtet, zum anderen aber
zugleich die Verpflichtung für die Gesellschafter begründet. Nun darf sich der
Leser fragen, warum hier nicht „Gesellschafter-Geschäftsführer“
steht, und welchen Zweck dies hat.
Bemerkenswert ist die Aussage des XI. Senates, dass
der „Geschäftsführer“ nicht nur die
Gesellschaft verpflichtet hat, sondern zugleich auch die Verpflichtung für die
Gesellschafter begründet hat. Allerdings verschweigt der XI. Senat mit welchem
Recht. Die Antwort findet sich im § 714 BGB des Leitsatzes, welcher
aber nur für den „Gesellschafter-Geschäftsführer“
gilt.
Auf
der Seite 9 unter Punkt 19 bb) bestätigt der XI. Senat die Wirksamkeit
einer derartigen Verpflichtung durch den „Geschäftsführer“
mit Bezug auf die (unrichtigen) Urteile XI ZR 421/02, XI
ZR 428/02, XI
ZR 429/02, XI
ZR 396/03. In diesen Fällen gibt es keinen „Gesellschafter-Geschäftsführer“.
Nun
wird es doch recht auffällig merkwürdig. Will der XI. Senat dem „Gesellschafter-Geschäftsführer“ etwa das Recht eines „Geschäftsführer“ anerkennen? Welchen Sinn hat
der Bezug auf die (unrichtigen) Urteile XI ZR 421/02, XI
ZR 428/02, XI
ZR 429/02, XI
ZR 396/03? Hier
hat sich der XI. Senat wohl falsch herum aufs Pferd gesetzt.
Diese
Ansicht sei in der Literatur vereinzelt auf Kritik gestoßen.
Dazu
wird der XI. Senat auf der Seite 9 doch sehr deutlich und erwähnt erstmals
implizit den § 714 BGB auf den §
780 BGB.
Er widerspricht dem
Einwand, dass der oder die „geschäftsführenden
Gesellschafter“ mangels gesetzlicher Vertretungsmacht nicht befugt
seien, die Anleger zur Abgabe eines Schuldanerkenntnisses oder
Schuldversprechens im Sinne der §§ 780, 781 BGB zu verpflichten.
Hiermit liegt der XI.
Senat zweifelsfrei richtig. Warum verwendet der XI. Senat hier nicht das Wort „Geschäftsführer“? Hätte er hier direkt den § 714 BGB genannt, wäre der
Grund schon gefunden.
Statt dessen bestätigt
der XI. Senat, dass eine Vertretungsmacht der „Gesellschaftsorgane“
nicht aus der neueren Rechtsprechung des II. ZR herzuleiten ist, nach denen die
GbR eine eigene Rechts- und Parteifähigkeit besitzt.
Die im Darlehensvertrag
vereinbarte Verpflichtung der Gesellschafter sei nicht Gegenstand der
akzessorischen Gesellschafterhaftung. Dies bedeute jedoch nicht, dass die „geschäftsführenden Gesellschafter“ nicht in
der Lage sind, eine „persönliche Verbindlichkeit“ der Anteilseigner zu
begründen.
Warum verwendet der XI.
Senat hier nicht das Wort „Geschäftsführer“? Auch hier hätte der XI. Senat den § 714 BGB direkt als Grund
nennen können.
Bemerkenswert
ist die Aussage des XI. Senates, dass die im
Darlehensvertrag vereinbarte Verpflichtung der Gesellschafter nicht
Gegenstand der akzessorischen Gesellschafterhaftung sei.
Diese betrifft nämlich die
persönliche Haftung als Sicherungsgeber, welche außerhalb des
Gesellschaftsvermögens liegt. Es betrifft also einen Dritten!
In
den (unrichtigen) Urteilen XI ZR 421/02, XI
ZR 428/02, XI
ZR 429/02, XI
ZR 396/03 gibt es keinen „geschäftsführenden
Gesellschafter“, welcher in der Lage wäre eine „persönliche Verbindlichkeit“ der Anteilseigner zu begründen.
Weiterhin offen bleibt die
Vertretungsmacht des „Geschäftsführer“ als Vertreter der rechts- und parteifähigen GbR
für die Vertretung der Gesellschafter auf den § 780 BGB. Aus dem § 714 BGB lässt sich diese
zweifelsfrei nicht herleiten. Diese lässt sich nur aus dem § 172 BGB herleiten!
Zu letzt betont der XI.
Senat auf der Seite 10 unten, dass nichts dafür spräche, dass Anleger einer
Fondsgesellschaft schutzwürdiger seien als etwa Käufer einer kreditfinanzierten
Eigentumswohnung.
Der XI. Senat lässt außer
Betracht, dass dies nur gelten kann, wenn die Anleger durch den „geschäftsführenden Gesellschafter“ mit
Vertretungsmacht aus § 714 BGB
auf den § 780 BGB, oder
durch den „Geschäftsführer“
mit dem § 172 BGB auf den § 780 BGB vertreten werden.
Ebenfalls außer Betracht
lässt der XI. Senat, ob Anleger weniger schutzwürdig sind, wenn diese durch
Verstoß gegen das RBerG mit dem §
780 BGB verpflichtet werden. Hier müsste der XI. Senat dem Anleger auch das
Recht auf den Rechtsschein nach §
172 BGB zugestehen, ebenso wie dem Käufer einer Eigentumswohnung.
Dieses Recht wird den
Anlegern in XI ZR 421/02, XI
ZR 428/02, XI
ZR 429/02, XI
ZR 396/03 genommen.
Siehe
Betrachtung XI ZR 421/02 und XI ZR 396/03.
Siehe auch Übersicht zur Vertretung der Gesellschafter.